domenica 7 giugno 2015

G7-Proteste - eine Bilanz | Kommentar

Die Hauptveranstaltung gegen den G7-Gipfel im Schloss Elmau, der Demonstrationszug durch Garmisch-Partenkirchen, ist gestern (Samstag, 6. Juni 2015) weitgehend reibungslos über die Bühne gegangen. Einige Anmerkungen im Schnelldurchlauf.





  1. Das Polizeiaufgebot war massiv; die Gegend um das Schloss Elmau, das zwischen Garmisch-Partenkirchen (GAP) und Mittenwald gelegen ist, war/ist im Belagerungszustand: Polizeikontrollen an allen Zufahrtsstraßen, Umleitungen, überall Versorgungs- und Kontrollposten der Polizei.
  2. Die Anreise im Zug von Innsbruck gestaltete sich weniger schwierig als gedacht: Der Zug fuhr regulär bis GAP, nach Seefeld gab es im Zug eine Passkontrolle durch die deutsche Polizei, am Bahnhof in GAP wurden wir dann komplett gefilzt. Auch mit dem Auto war die Anreise weitgehend problemlos möglich.
  3. Die TeilnehmerInnenzahlen bei der Hauptveranstaltung, der Demonstration durch GAP, waren überschaubar: Die Polizei spricht von 3600, die VeranstalterInnen von 5000, wobei in diesem Fall wohl die erste Zahl plausibler ist. Dies steht im krassen Gegensatz zu den 35-40.000 TeilnehmerInnen bei der Anti-G7-Demo am Donnerstag in München; scheinbar hatte die unsichere Lage der Übernachtungsmöglichkeit - das Camp wurde erst in letzter Minute genehmigt -, die unklaren Anreisebedingungen und die massive mediale Einschüchterung (SpiegelOnline: "Behörden fürchten Tausende gewaltbereite G7-Gegner", "Polizei rechnet auch in München mit Krawallen", "Polizei fürchtet Gewalteskalation beim G7-Gipfel") viele von einer Teilnahme absehen lassen.
  4. Dementsprechend war die Zusammensetzung der TeilnehmerInnen ziemlich homogen: Linke aus hauptsächlich subkulturellen Zusammenhängen, jung, deutsch, eher männlich. Und vorrangig aus dem Umfeld, sprich süddeutscher Raum. Es gelang offenbar nicht, Menschen außerhalb der "linken Kernbelegschaft" oder gar die lokale Bevölkerung miteinzubeziehen. Zudem waren die größeren linken Organisationen (Die Linke, Blockupy, IL, ect.) nur am Rande oder gar nicht sichtbar.
  5. Das Wetter war für die Demo in Ordnung; der Marsch vom Camp zum Bahnhof und das Warten auf den Demobeginn um 14 Uhr in der prallen Mittagssonne waren zwar unangenehm, später wurde die Hitze jedoch durch Wolken und Wind immer wieder für kurze Zeit abgeschwächt, ab 17 Uhr zogen Wolken auf, und erst bei der Rückkehr zum Ausgangspunkt um 19 Uhr am Bahnhof ergoss sich ein Platzregen auf die Teilnehmenden. Wegen Hochwassergefahr wurde das Camp evakuiert, ein Murenabgang zwischen Innsbruck und Scharnitz sorgte für ungewollt lange Rückfahrtswege.
  6. Die Demoroute war, sagen wir es mal so, eher unkonventionell (siehe oben): Sie verlief auf einer von mehreren Zufahrtsstraßen von GAP Richtung Mittenwald (und damit Schloss Elmau) und sah eine 360-Grad-Wende vor. Auf die Schleife beim Rückweg wurde aufgrund des langen Festsitzens am Wendepunkt verzichtet. Der "Antikapitalistische Block" mit Lautsprecherwagen bildete den Kopf des Zuges. Am äußersten Punkt im Osten war eine Zwischenkundgebung vorgesehen. Faktisch bedeutete dies ein unangenehm langes Festsitzen in einer hässlichen Vorortstraße von GAP, umrahmt von drei Ketten Polizeispalier, einem Lauti, der für viele außer Hörweite war und nur unzureichend Informationen weitergab.
  7. Ja, die Demo war weitgehend friedlich. Es gab am Kopf der Demo sowie auf der rechten Seite mehrfach Rangeleien mit der Polizei, die Pfefferspray einsetzte. Gröbere Verletzungen scheint es nicht gegeben zu haben. Die Aussage, dass die Eskalation von der Polizei ausging, muss relativiert werden: Wie über Lautsprecher kommuniziert wurde, gab es den Plan, die Polizeiabsperrung zu durchbrechen und auf die Kreuzung vorzudringen, um diese zu besetzen und damit einen Zufahrtsweg zu blockieren. Dieses Blockadekonzept wurde erst nach seinem offensichtlichen Scheitern dem Rest des Demozuges mitgeteilt. Seine Sinnhaftigkeit muss angesichts der Umstände stark in Zweifel gezogen werden.
  8. Inhaltlich hatte die Demo wenig zu bieten; die Demosprüche waren (im ersten Block) linke "Klassiker" und damit recht beliebig, Bezüge zu aktuellen Konflikten (Stichwort Griechenland) waren weitgehend abwesend, nur migrantische Kämpfe und Refugees wurden verbal thematisiert. Auch beim Rest des Demozuges wurden Inhalte eher rar kommuniziert, Themen waren dort die Rüstungs- sowie Politik der G7 insgesamt und ein bisschen TTIP. Am Vortag war ein Papp-Panzer symbolisch verbrannt worden - das war's aber auch.
  9. Die Bevölkerung vor Ort konnte nicht einbezogen werden - obwohl die Stimmung "gekippt" sei, wie wir aus Gesprächen mit dort Wohnhaften erfuhren. Die enormen Kosten (130-360 Millionen Euro), das massive Polizeiaufgebot und die permanenten Kontrollen sorgen in der Region für starken Unmut. "Die Polizei spricht von Präsenz zeigen. Wenn man sich das anschaut, dann muss man sagen, das ist Einschüchterung.", erklärte ein Taxler, der uns - ebenso wie die anderen Nicht-Uniformierten, mit denen wir zu tun hatten - sehr wohlwollend begegnete.
  10. Das Fazit muss aufgrund der schwachen Beteiligung, der fehlende Einbettung in lokale und aktuelle Konflikte, einem diffusen Demokonzept und wenig inhaltlicher Schwerpunkte trotz der relativ guten Stimmung und dem soliden Ablauf eher negativ ausfallen; es manifestierte sich viel, was in der Linken derzeit kritisch zu betrachten ist. Aber ja, die Gegend war schön.