giovedì 17 settembre 2009

Sündenbock Manager

VON JULIAN ZÖSCHG | Allerorts wird es angestimmt, das Klagelied über gierige Manger und Broker, über eine Gruppe von Menschen, welche sich parasitär in unsere Gesellschaft eingenistet haben und sie durch Habsucht fast erdrückt hätten.
Da ist es wieder, ein personalisiertes Schreckgespenst, welches sich das ressentimentgeladene bürgerliche Subjekt herbeihalluzinieren muss, damit die Widersprüche seiner Ordnung nicht die selbige zerreisen.
Nein, sie sind mir nicht sympathisch, diese neoliberalen „Eliten“ und ich werde mich keineswegs zu ihrem Advokaten erheben, doch sie trifft nur sehr bedingt die Schuld für das, was unter dem Titel „Weltwirtschaftskrise“ firmiert und eigentlich eine ökonomische, soziale und ökologische Polykrise ist. Doch wer den Fehler in der natürlichen Gier, charakterlichen Schwäche oder im hintertückischen Versuch bewusster Ausbeutung verortet, der muss sich die unbequeme Systemfrage nicht stellen. An was es schließlich fehlte, war Regulierung für unsoziale, gewissenlose Finanzjongleure, Kapitalismus als solcher funktioniere ja krisenfrei.
Es wird nun ständig heraufbeschworen, was dieses Fehlverhalten der Managern mit einer Gesellschaft angestellt habe, welche Ungerechtigkeit dadurch entstanden sei, welche Schieflage nun den integren Frieden gefährde, als ob niemals ein Herrschaftsverhältnis in unserer Sozietät existiert hätte.
Über die strukturellen Ursachen, welche derartige Charaktermasken erst hervorbringen, wird geschwiegen. Dass der Mensch nicht gierig geboren wird, sondern einer strukturellen Formung und Selektion unterliegt, wird meist nicht gesehen.

Die Nichtschuld der Manager an der Krise
Die Manager - Kinder der neoliberalen Ideologie – haben den Wagen an die Wand gefahren, so die weitverbreitete Meinung. Dabei wird impliziert, dass es sich beim Neoliberalismus um ein Modell des Machtausbaus und der Bereicherung gewisser Kreise handle, um eine politische Entscheidung moralisch Armer, als ob einfach zwei Optionen zu Wahl gestanden hätten: Weiterhin fordistisch/sozialwirtschaftlich zu Produzieren, oder umsteigen auf einen neoliberalen „Finanzmarktkapitalismus“.
Der Neoliberalismus war wahrlich gewollt, jedoch nicht um den Kapitalismus zu "barbarisieren", sondern um die Kapitalakkumulation weiterhin zu gewährleisten, sprich das System möglichst bruchfrei fortzuführen. Die Art des Wirtschaftens zwischen 1950 und 1970 hätte nicht weiterbestehen können und ist auch nicht in selber Art restituierbar. Die Krise von heute ist die Folge einer tiefgreifenden, strukturellen Krise des Fordismus der 1970er.
Diese vielgelobte Nachkriegsperiode wirtschaftlicher Prosperität war Resultat diverser Momente. Vor allem baute sie auf Kapitalexpansion (sprich Wachstum) nach innen hin auf. Es wurden noch nicht erschlossene Teile gesellschaftlichen Lebens für die Kapitalakkumulation geöffnet. Das Private wurde gänzlich der Warenform unterworfen: Nahrungsmittel wurden von nun an nur noch in Supermärkten gekauft, durch eine unglaubliche Produktivkraftsteigerung wurde Technik erschwinglich, Haushalte wurden so elektronisch aufgerüstet, die Unterhaltungsindustrie entstand und der Autoboom nahm Gestalt an. Um 1970 war diese Urbarmachung abgeschlossen, die Märkte waren gesättigt, zahlungsfähige Nachfrage erschöpft, die Kapitalexpansion nach innen konnte nicht fortgeführt werden. Das angehäufte Kapital fand keine Investitionsmöglichkeiten mehr, um eine Entwertung des Wertes zu verhindern, wurden die bis dato stark protegierten, nationalen Märkte geöffnet, um dort überschüssige Kapitalien gewinnbringend anlegen zu können. Zudem wurde aus diesem Grund vermehrt in die Finanzmärkte investiert. Der Neoliberalismus hat diese Möglichkeiten eröffnet und somit das drohende Krisenmoment der 1970er „überwunden“, um es lediglich zu verzögern. Die Krise kam so in Form einer „Finanzkrise“ einige Jahrzehnte später zurück und entfaltete dabei eine potenzierte Destruktivkraft. Es handelt sich bei der aktuellen Situation folglich um eine strukturelle Problematik, nicht um das Fehlverhalten einer Berufsgruppe.

Ressentiment als Aufhebung der immanenten Widersprüchlichkeit
Dennoch imaginiert das bürgerliche Subjekt Schuldige, Personen welche die alleinige Verantwortung für all dies tragen. Da es seiner Sozialisation und der Verfasstheit seiner Gesellschaft und den darin ständig aufs neue reproduzierten Sachzwängen durch sein alltägliches Bewusstsein nicht entfliehen kann, verfangen ist im Fetisch der Warenform und des Geldes, des Unendlichwachstums und der Lohnarbeit, vermag es die Widersprüchlichkeit, welche diese Formen hervorbringen und die Krisen, welche sie produzieren, nicht zu verstehen.
Darin offenbart sich der Grund für die Personalisierung des Unheils, für die Heraufbeschwörung der Ackermanns. Es scheint dem postmodernen Menschen ein Bedürfnis, Erklärung zu finden, er durchschaut dabei aber nicht die systemimmanente Logik. So projiziert er all das Destruktive, welches der Dialektik kapitalistischer Vergesellschaftung entspringt, auf den Sündenbock.
Sich nicht mit den strukturellen Bedingungen auseinanderzusetzen, heißt sie nicht hinterfragen zu müssen. Die gewohnte Ordnung bleibt intakt durch die Stigmatisierung eines gesellschaftlichen Teils, eines „Bauernopfers“, welchem vorgeworfen wird, die Sozietät fast geopfert zu haben. Die Reform genügt so zur Korrektur, die Struktur bleibt „intakt“.

Quelle: http://julianzoeschg.twoday.net/

20 commenti:

  1. Den Artikel habe ich fast 1:1 so vor einigen Wochen in einer Schweizer Wirtschaftszeitung gelesen, kann es sein, dass hier jemand abgeschrieben hat? :-)

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  2. nein, eigentlich nicht. freut mich aber wenn eine "wirtschaftszeitung" die marxsche kritik der politischen ökonomie und die kritische theorie der frankfurter schule zur referenz nimmt, kann's mir zwar nicht vorstellen, lass mich aber gerne aufklären.

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  3. Mich würde interessieren, welche Wirtschaftszeitung einen Artikel mit ähnlichen Aussagen und Inhalten, wie in diesem Artikel, veröffentlicht.

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  4. @sosigis
    da hast du wohl einen artikel nicht ganz durchblickt, und ich vermute, es ist dieser...

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  5. Ich habe den Artikel sehr wohl durchblickt, dir ist wohl die wirtschaftstheorie nicht geläufig? Viele Wirtschaftswissenschaftler ziehen auch Marx in Erwägung, er hat vieles richtiges gesagt darüber sind sich die meisten einige nur seine Lösungsvorschläge waren nicht durchführbar.

    Habe leider keine Ahnung mehr wie der Artikel hies, er war aber von einem Fremund Malik Schüler.

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  6. es sollte vielleicht versucht werden, die persönlichen unterstellungen zu unterlassen. ich wollte mich nur gegen den vorwurf des plumpen "abkupferns" wehren. in der tat ist diese analyse der transformation des fordismus in den neoliberalismus in gewissen kreisen sehr geläufig. da dies hier aber lediglich auf einem sehr allgemeinen niveau abgehandelt wurde, ergo zu einem gewissen "commen sense" innerhalb einer minderheitendebatte zählt und es isch beim artikel nicht um eine wissenschafltiche abhandlung handelt, sind keine verweise auf theorien angegeben.

    zudem liegt das augenmerk nicht auf dem herausarbeiten des strukturellen krisenmoments, sondern auf der funktion der personalisierung in postmodernen gesellschaften.

    was marx angeht: es gibt in der tat mehrer leseweisen. manche dozenten und professoren nennen marx sogar in einem zug mit den klassischen politischen ökonomen wie smith (ich halte dies zwar für fragwürdig, die debatten darüber existieren jedoch in der tat).

    auf alle fälle ist es nicht sehr üblich, derartige theoretische folien in wirtschaftsblättern zu entdecken, ich hätte mich über einen link oder eine quellenangabe gefreut. dies führt aber nun vom eigentlichen thema weg: welche analytischen probleme entspringen einer verkürzten kapitalismuskritik?

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  7. bzw. ist diese kritik überhaupt richtig?

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  8. Wenn ich den Artikel finde poste ich ihn hier rein, er hat die gleiche Grundaussage wie deiner natürlich können auch zwei Personen zum gleichen Schluss kommen ohne voneinander abzuschreiben, ich will dir nichts falsches unterstellen!

    Der unregulierte Finanzkapitalismus zwingt die Manager, mit ihnen auch die restliche Gesellschaft in ein System indem Werte bis zur Absurdität abstrahiert werden.

    Geld ist schon eine hohe Abstraktion eines Wertes aber noch greifbar, genauso wie eine Aktie als Besitzanteil zwar abstrakt ist aber immer noch etwas reeles darstellt während aber dann gebündelte Securities und neuverpackte Papiere deren Werte höher sind als das gesamte Weltvermögen reine Zockerwerte sind, ohne Substanz.

    Die Manager werden dadurch gezwungen die Nachhaltigkeit zu vernachlässigen um schnelle Rendite zu erzielen auch wenn teilweise die Wachstumsgrenzen schon sehr nahe sind. Investoren von Hedge Funds wollen schnelle Rendite auch wenn es auf Kosten der Substanz des Unternehmens geht, sie plündern also sozusagen ein Unternehmen aus, nehmen Gewinne mit und lassen es dann sterben bzw. vom Staat retten.

    Leider kommt es durch diesen Druck auf die Manager zu einem inneren Konflikt, denn ein Manager will normalerweise das beste für ein Unternehmen und seine Mitarbeiter weil er sich über seine Arbeit selbst definiert und Erfolge sehen will, er ist sozusagen ein angestellter Unternehmer (Schumpeter).

    Ich bin alles andere als ein Sozialist, aber das mit traditionellem Entrepreneurship und Unternehmertum hat diese Art der kurzfristigen Geldvermehrung ohne nachhaltige Perspektive auf Kosten der Gesellschaft nichts mehr zu tun. Auch mit der traditionellen Investmenphilosophie eines Warren Buffet oder eines Kostolany hat diese Art der Investition nichts mehr zu tun.

    Ich bin in dem Thema relativ gut eingelesen weil ich gerade meine Thesis über ein sehr verwandtes Feld schreibe nämlich über die Bedeutung des Shareholder Values für die Unternehmenskultur. Diskutiere gerne weiter über das Thema!

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  9. aus meiner sicht war die transformation in einen "finanzmarktkapitalismus" ein logischer schritt innerhalb des systems kapitalismus, aufgrund der im artikel angeführten ursachen, aber auch durch diverser andere momente, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann. um nur einen kurzen anstoß zu geben: die gesamte "soziale marktwirtschaft" zwischen 1950 und 1970 baute auf eine patriarchale gesellschaftsstruktur auf, in der der mann arbeiten ging und die frau zu hause reproduktionsarbeit verrichtete. vollbeschäftignung war folglich eine männerbeschäftigung, 50% der potentiellen erwerbstätigen standen dem arbeitsmarkt defacto nicht zur verfügung. ergor führte nicht nur eine vermehrte automatisierung im produktionsprozess zu vermehrter arbeitslosigkeit, sondern auch das drängen einer neuen gruppe auf den arbeitsmarkt.

    wir sehen, es gibt viele gründe weshalb diese spielart des kapitalismus ein zusammentreffen diverser historischer momente war und nicht einfach wieder hergestellt werden kann.

    die frage des geldes würde ich gänzlich anders beantworten. es stimmt das geld eine abstraktion darstellt, nämlich eine reine abstratkion, sowie wert an sich abstraktion ist. ein ding hat zunächst einen gebrauchswert (z.b. ein stuhl mit dem gebrauchswert, mich darauf setzen zu können). der wert eines dings entsteht erst durch ein bestimmtes gesellschaftliches verhältnis, darauf nun genauer einzugehen, sprengt jetzt vermutlich den rahmen. jedoch kann man an dieser stelle sagen, dass ein ding nicht einen wert auf grund seiner natur hat. ich wäre folgich vorsichtig, beim geld im gegensatz zu "zockerpapieren" von einer reellen substanz zu sprechen, man müsste zunächst definieren, was unter reeller substanz verstanden wird.

    kapitalismus produziert durch seine dialektischen momente, etwa dem antagonisitschen interessensgegensatz zwischen arbeit und kapital, wobei letzteres dennoch ersteres benötigt, immer wieder krisenmomente. dies ist folglich, so glaube ich zumindest, ein dem system immanentes. die schuld dafür managern oder anderen gruppen zu geben, resultiert meines erachtens aus dem nichtwissen über derartige zusammenhänge.

    eine moralisierung des gesamten ist hierbei meiner meinung nach völlig fehl am platz. der sinn und selbstzweck unserer ökonomie erschöpft sich in der kapitalakkumulation, strukturell ist es gleichgültig gegenüber den bedürfnisen der menschen. mit was mehrwert produziert wird, ist irrelevant, hauptsache er wird produziert.

    auch was sinnvolle ziele wie nachhaltigkeit angeht, so ist diese lediglich von interesse, insofern sie die akkumulation stützen würde. gerade dies geht in überlegungen und konzeptionen, wie dem "green new deal" ein, was jedoch wiederum aus meiner sicht kurzschlüsse sind, welche so nicht funktionieren können.

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  10. sorry für meine späte Antwort,

    um auf ein paar Punkte einzugehen, die patriarchalische Gesellschaftsstruktur und ihr Niedergang stellt an sich kein Problem für das System Marktwirtschaft dar, wenn in Italien z.B. die Partizipationsquote am Arbeitsmarkt von z.Z. 55% auf 80% ansteigen würde, dann gäbe es könnte das Staatsdefizit abgebaut werden und die Renten wären gesichert.

    Die vermehrte Arbeitslosigkeit ist ein Problem der hohen Staatsquoten und dem gehemmten Entrepreneurship, wenn man die Wirtschaft freier gestaltet und Bürkoratie abbaut könnten viele Ideen verwirklicht werden und das Volk würde profitieren. Zudem kommen die niederen Löhne die durch die hohen Lohnnebenkosten und Sozialabgaben entstehen, dadurch wird Nichtarbeiten und Schwarzarbeit finanziell attraktiver als ein normales Arbeitsverhältnis. Arbeit kann nur dann effektiv sein, wenn ihr Mehrwert spürbar ist und dadurch die Lebensqualität merklich erhöht wird. Umso höher die Partizipationsquote umso mehr Jobs werden geschaffen, das ist ein logischer wirtschaftlicher Kreisluaf.

    Es ist empirisch bewiesen, dass Wirtschaftswachstum nicht durch Kapitalakkumulation sondern durch technologischen Fortschritt entseht, kann in jedem volkswirtschaftlichen Journal nachgelesen werden, deshalb ist der marxsche Grundgedanke nicht auf unser ökonomisches System übertragbar, zu seiner Zeit war das wirtschaftliche System eine vollkommen andere Realität, also ist Marx in seinem soziohistorischen Kontext zu betrachten.

    Unter reele Substanz verstehe ich, den Wert eines "Dinges" zu kennen und ein Gefühl dafür zu haben was man dafür kaufen kann z.B. weiß ich, dass ich mir mit 20 Euro entweder einen Pullover, eine Jeans, ein Mittagessen, zwei Kisten Bier oder eine Flatrate für ein Monat kaufen kann. Es hat also für mich einen realen Wert, wenn ich 20 Euro in der Hand halte, bei einem Zockerpapier, weiß man nicht wieviel Kaufkraft dahinter steht.

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  11. die soziale marktwirtschaft wie sie in europa praktiziert wurde, baute meines erachtens sehr wohl auf ein spezifisches gesellschaftsmodell auf, welches nicht derartig einfach "wiederhergestellt" werden kann, wie es zahlreiche politiker/innen versprechen. die kleinfamilie war nur ein strukturelles prinzip unter vielen. im artikel klingt noch an, dass die hohen wachstumsraten durch die kapitalexpansion nach innen hin gewährleistet wurden. erst durch diese konnten sozialleistungen erkämpft werden, da die wirtschaftliche prosperität derart gewaltig war, dass sozialtransfers die akkumulation bis 1970 nicht allzu empfindlich störte und auch ein politisches bewusstsein dafür herrschte. beide momente bedingen sich jedoch wechselseitig. der hauptmotor für dieses wachstum war die automobilindustrie, eine branche, welche aktuell ein großes krisenmoment zu überwinden hat. es ist mehr als fragwürdig, ob autos noch einmal im zentrum wirtschaftlichen wachstumd stehen werden (zumindest in dieser form) und auch sollten, zumal die ökologische perspektive betrachtet werden muss. dies ist ebenfalls ein grund, weshalb der fordismus nicht einfach restituierbar ist. außerdem lebten die sozialtransfers zwischen 1950 und 1970 vom verhältnis teure arbeit zu billiger energie. dieses kehrt sich jetzt jedoch um, teure energie wird durch billige arbeit ersetzt. wir sehen, es gibt zahlreiche gründe, warum eine "soziale marktwirtschaft" nicht nach dem SELBEN schema einfach wieder praktiziert werden kann.

    auch die partizipationsquote wird bedingt durch zahlreiche faktoren, welche mit der eben skizzierten problematik zusammenhängen. um zu partizipieren, müssen die arbeitsplätze dafür vorhanden sein. ist dies durch rationalisierungsbestrebungen bei gleichzeitigem sinken der ware arbeit durch vermehrte konkurrenz nicht gewährleistet, so ist das drängen einer zusätzlichen gruppe von potentiellen erwerbstätigen auf den markt durchaus ein phänomen, welches die lage zusätzlich verschärft.

    arbeitslosigkeit ist in der systemlogik von kapitalismus eben kein problem, auch wenn uns dies das feld der politik so darlegt. derartige vorstellungen entspringt der gesellschaftlichen einrichtung unseres zusammenlebens selbst. es liegt im interesse des einzelkapitals, dass eine reservearmee an arbeitskräften bereitsteht, um den produktionsprozess gesichert zu wissen und die ware arbeitskraft möglichst billig zu erwerben. dennoch sind die einzelkapitalien in summe auch daran interessiert, dass diese reservearmee versorgt wird, sprich sich reproduzieren kann, nur regeneriebare arbeitskraft ist zweckerfüllend. dies ist eines jener labilen spannungsverhältnisse, in welchem sich unser system bewegt. wie dieses verhältnis nun ausgestaltet ist, ist historisch bedingt, durch vorherrschende ideen und ideologien, mögliche ressourcen und dem stand der produktivkraftentwicklung. so wurden und werden zahlreiche planspiele von den akteur/innen durchdacht, um das system möglichst burchfrei, trotz seines krisenhaften charakters, weiter zuführen. zu solchen überlegungen gehört auch debatten über entbürokratierung usw... je nach dem, wie die bedingungen dafür sind, kann dies mehr oder weniger soziale gerechtigkeit bedeuten. an den grundlegenden strukturen und den daraus entspringenden ungleichheits-und herrschaftsverhältnissen ändert dies jedoch nichts.

    marx hat sich im kapital zur aufgabe gesetzt, die grundlegenden wirkmechanismen des kapitalismus zu beschreiben, die zutreffen müssen, um überhaupt noch von kapitalismus sprechen zu können, und zwar in jedem historischen kontext. gehen wir nun davon aus, es ist vieles richtig von seiner analyse, so können wir ihn nicht auf seinen soziohistorischen kontext reduzieren. durch mein bisheriges studium glaube ich, dies trifft zu, die marxsche analyse ist in weiten teilen richtig.

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  12. aus dem kapital geht nun hervor, dass die kapitalakkumulation strukturell gesehen den selbstzweck kapitalisitscher produktion darstellt und zwar im kreislauf geld-ware-mehrgeld (G-W-G'). darauf nun genauer einzugehen, würde bei weitem den rahmen sprengen, vergegenwärtig man sich den umfang dieses werkes. dennoch kann ich eine (im verhältnis zu gesamten analyse dürftige) argumentation ins feld führen, da die empire und wirtschaftsjournale angesprochen wurden. wirtschaftswachstum wird durch das bip gemessen, also das bruttoinlandsprodukt. dies ist ein schlichter indikatior für alle produzierten waren innerhalb eines jahres, in den grenzen einer volkswirtschaft. es gibt viel kritik an dieser methodik, da sie faktoren wie nachhaltigkeit usw. nicht berücksichtigt. vorallem zeigt uns dies aber eines, wachstum bedeutet investition von kapital, um damit waren zu produzieren, um durch den verkauf dieser waren mehr kapital zu erhalten. fortschritt ist dabei nicht zweck sondern bedingung für diesen zweck, er ist nicht die alternative zur kapitalakkumulation, sondern unterstützt diese in der aktuellen gesellschaftsformation.

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  13. Wachstum wird schon lange nichtmehr nur durch das BIP gemessen, die Bilungsrate einer Gesellschaft, das Wachstum an Humankapital, die weibliche Partizipationsrate, die Einkommensverteilung zählen ohne frage zum Wachstum. Sozialtransfers steigern das BIP, sie senken es nicht! - Denn Geld aus Sozialtransfers wird erfahrugnsgemäß fast gänzlich für Konsum ausgegeben, dieser erhöhte Konsum führt zu höheren Preisen und zu höherer Produktion. Langfristig jedoch schaden diese Steuerfinanzierten Leistungen einer Volkswirtschaft, da die Anreize zum arbeiten sinken und die nominalen Löhne steigen (die relativen sinken sogar). Dadurch werden die Produktionskosten erhöht und die Produktion ins billige Ausland verlagert, das ist das große Problem der Globalisierung für unsere modernen Volkswirtschaften deren komparativer Vorteil in Wissen und nicht in billiger Arbeit liegt.

    Soziale Gerechtigkeit liegt aber auch im Kapitalismus langfristig jedem am Herzen, weil am Ende jeder Mensch an seinen eigenen Vorteil bedacht ist, wenn es aber zu sozialen Spannungen und Unruhen kommt verliert auch derjenige der Kapital akkumulieren konnet an Lebensqualität und ist bereit Geld aufzugeben um Frieden zu gewinnen. Das ist eine der Grundlagen der Soziologie. In einigen Staaten hat das nicht funktioniert und arm und reich leben ein durch Mauern voneinander getrenntes Leben in Paralellwelten, kein erstrebenswerter Zustand...

    Die Arbeitslosigkeit ist meiner Ansicht nach leicht in den Griff zu bekommen, aber wie gesagt nur auf Kosten der Sozialleistungen und durch Steuersenkungen für Betriebe und Individuen. Auch der Kündiungsschutz zerstört Arbeitsplätze und fördert Schwarz- und Leiharbeit. Es gibt aber ohne Zweifel eine natürliche Arbeitslosenrate die durch mehrere Faktoren entsteht, aber das kann man nur durch ein Zwangssystem ändern und das will hoffentlich niemand.

    Natürlich wäre eine Arbeitszeitsverkürzung für den durchschnittlichen Arbeiter und Angestellten möglich und dadurch könnte auch mehr Arbeit geschaffen werden, denn mehr Freizeit bedeutet einen höheren Bedarf an Aktivitäten, die wiederum Arbeit benötigen. Andererseits würde diese Verkürzung für die einfachen Arbeiter zu einer extremen Gehaltsschere zwischen Führungskräften und einfachen Mitarbeitern führen, denn Führungskräte würden trotzdem länger arbeiten, da ihre Arbeit nicht durch Technologie oder Job-Sharing vermindert werden kann. Es ist schwierig...

    Um zur Theorie zurückzukommen:

    Im Marxschen Kapitalismus würde das System darauf hinauslaufen, dass ein einziger alle Produktionsmittel besitzt und das gesamte Kapital einer Nation besitzt, derjenige würde dann langfristig den Bedarf der Volkswirtschaft zu planen versuchen und immer genau die nachgefragte Menge zu produzieren. Folglich wäre der absolute Kapitalismus an seinem Ende eine Form des Kommunismus.

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  14. @SoSigIs:

    Deine Methoden zur Arbeitslosenverminderung zeugen von Naivität. Der Kapitalismus an sich ist nie an Vollbeschäftigung interessiert sondern muss sich immer eine gewisse Reserver an Arbeitslosen halten. Was du vorschlägst dient einfach dazu die Arbeitslosen aus der Statistik zu tilgen, und nicht nachhaltig für bessere Arbeitsplätze und Bedingungen zu sorgen. Ein Harz 4 empfänger mit einem 1€ job in Deutschland ist in der Statistik nicht arbeitslos, kann er von seiner Arbeit leben? Wohl kaum/schwer. Es geht nicht darum blind neue Arbeitsplätze zu schaffen bzw die Arbeitslosigkeit mit jedem Mittel zu verkleinern. Es geht aber sehr wohl darum, Arbeitsplätze zu schaffen wo Leute wieder von ihrer eigenen Arbeit leben können und nicht trotz Arbeit unter der Armutsgrenze leben. Was man momentan versucht zu machen, ist Druck auf die Arbeitnehmer zu machen.

    Was momentan passiert ist Klassenkampf von oben, den Arbeitnehmner fehlt ihre Lobby die für ihre Interessen kämpft und eintritt.

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  15. was die messung des wachstums angeht, exisiteren in der tat schon alternative berechnungsmethoden, welche verwendet und diskutiert werden. ich hab das bereits veruscht anzudeuten und bin der letzte, der etwas dagegen einzuwenden hat, wenn fatkoren wie nachhaltigkeit einfließen. dort stellt sich jedoch das problem der quantifizierbarkeit. wie messbar ist z.b. bildung? das kapital bringt immer wieder tendenzen zur expansion hervor, so findet auch eine zunehmende ökonomisierung von bildung statt. ist folglich gute bildung eine magd des marktes?

    sozialtransfers schöpfen sehr wohl etwas vom akkumulierten mehrwert ab, immerhin werden sie durch steuern finanziert (und staatsverschuldung, d.h. durch erhoffte steuereinnahmen). natürlich gehen sie in konsum über, aber auch hier gilt ein labiles, dynamisches und wiedersprüchliches verhältnis, welches bedacht werden muss. das kapital benötigt kaufkraft, diese ging vor allem im fordismus zu einem guten teil von arbeiter/innen aus. dennoch hat das einzelkapital die tendenz, die kaufkraft der arbeiter/innen durch möglichst niedrige löhne zu senken. auch hierin offenbart sich ein krisenhaftes moment.

    zum thema herzensangelegenheit im kapitalismus: dieses system bedeutet, dass das objekt subjektstatus erhält und die eigentlichen subjekte, sprich menschen, zu objekte "degradiert" werden. kapitalismus ist eine maschine, die sich selbst bewegt, das individuum ist lediglich teil davon und nicht der maschinist. die formen des kapitalismus, wie ware, tausch, lohnarbeit usw. produzieren objektive sachzwänge, welchem sich der/die einzelne unterwerfen müssen, etwa dem prinzip der konkurrenz und dem sich selbst nicht genügenden wesen des geldes. es geht folglich nicht darum, was jemand will, die moralisch/ehtische kritik kann deshalb nicht derartig auf die akteure abzielen, sondern muss sich mit der struktur als solche auseinandersetzen. auch hier kann ich für eine genaue analyse nur auf das kapital von marx verweisen.

    was die theorie des absterben des kapitalismus angeht, so teile ich diese nicht. so etwas geht meines erachtens aus dem kapital nicht hervor. ich verstehe auch nicht ganz wie das hier gemeint ist? durch zunehmende monopolisierung bis hin zum absoluten monopol kommt es dazu? und was wird unter kommunisus verstanden? kommunismus ist ein schlagwort, welches in den verschiedensten debatten ins feld geführt wird, mit den verschiedensten bedeutungen.

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  16. Wenn dich die volkswirtschaftliche Messung von Humankapital interessiert, kann ich dir ein paper von mir schicken das ich letztes Semester darüber verfasst habe, ist eine Zusammenfassung und Analyse der Messmethoden.

    Gesenkte Kaufkraft ist langfristig der Todesstoss für jedes marktwirtschaftliche System, deshalb verteilt der Staat um und versucht durch Sozialtransfers mehr Kapital in die Wirtschaft zu pumpen, die Sparquote von Besserverdienenden ist höher als die von Geringverdienern deshalb führen Sozialtransfers zu mehr Konsum. Aber in einem gesunden System zahlen Unternehmen Löhne mit denen die Arbeitnehmer auch ordentlich konsumieren können, dazu ist das Leitbild von Bosch und jenes von EON sehr interessant. Meiner Meinung nach ist dieser "Klassenkampf" der von Gewerkschaften und Industriellenverbänden geführt wird kontraproduktiv für beide Seiten, es braucht gerechte Löhne, dann können auch die Steuern gesenkt werden und der Konsum steigt.

    Jedes Wirtschaftssystem macht den Menschen zum Objekt, in einem System ist die Menschheit eine seelenlose Masse, leider. Aber in anderen Systemen wie z.B. dem Sozialismus wird der Mensch in seiner Freiheit eingeschränkt und erhählt dafür soziale Sicherheit ohne Eigenverantwortung - für einige erstrebenswert für andere nicht - hier gibt es kein richtig oder falsch sondern nur persönliche Präferenznen. Lebt man lieber mit der Chance ganz nach oben zu kommen aber auch tief fallen zu können oder will man in Ruhe ein Leben in Sicherheit aber ohne die Verwirklichung durch Leistung leben?

    Mit dem Kommunismus in diesem Kontext meine ich jetzt die marxsche Vorstellung von einem Wirtschaftssystem. Im reinen Kapitalismus frisst der größere immer den kleineren bis am Ende nur mehr ein Großer übrig ist, derjenige hat dann die freie Entscheidung über Preise etc. weil es keine Konkurrenz mehr gibt, also kommt es zu einer Art Planwirtschaft, nur herrscht nicht der Politkommisar sondern der Großindustrielle der sowohl Lohn als auch Preis bestimmt. Ich weis die These ist gewagt und sehr überspitzt, aber meiner Meinung nach durchaus vertretbar.

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  17. klassenkampf ist meines erachtens ebenfalls in der grundstruktur des kapitalismus enthalten, da er einer antagonistischen interessenslage entspringt, ohne welche kapitalisitsche produktionsweise gar nicht möglich wäre. ich zitier mal aus meiner arbeit zu "wilde streiks in österreich", um das rad nicht nochmal erfinden zu müssen. theoretischer bezugspunkt ist die kritik der politischen ökonomie von marx:

    "Kapitalismus bedeutet Kapitalakkumulation, ein Prozess welcher sich selbst zum Zweck hat. Damit diese unermüdliche Bewegung und Anhäufung von Geld stattfinden kann, muss ständig Mehrwert produziert werden. Diesen Mehrwert erzeugt lebendige Arbeit, welche von doppelt freien BürgeInnen erbracht wird. Doppelt frei deshalb, da sie juristisch gleichgestellt sind und sich wie PrivateigentümerInnen verhalten, jedoch keine Produktionsmittel zur Verfügung haben. Weil sie keine andere „Ware“ besitzen als ihre Arbeitskraft, sind sie dazu gezwungen, diese zu verkaufen. In diesem Herrschaftsverhältnis zwischen Kapitalbesitzenden und Kapitallosen offenbart sich zugleich ein diametraler Interessensgegensatz zwischen beiden Klassen. Die Kapitallosen möchten ihre „Ware“ Arbeitskraft möglichst teuer entgolten wissen, wohingegen der Abnehmer dieser Arbeitskraft, die Kapitalbesitzenden, daran interessiert sind, sie möglichst billig zu erwerben und so kostengünstig produzieren zu können. Aus diesen strukturellen Positionen, welche die Klassen im Produktionsprozess einnehmen, kann – aufgrund der antagonistischen Interessenslage - ein latentes Konfliktpotential erwachsen. Diese Erkenntnis ist wesentlich, um der Frage nach der Streikentstehung auf den Grund zu gehen."

    soll folglich kein klassenkampf herrschen, müsste diese struktur aufgebrochen werden, dann würde es sich jedoch nicht mehr um kapitalismus handeln.

    ich frage mich, weshalb der mensch in einem system automatisch objektstatus erhalten soll? ich bin da anderer meinung. im grunde ist der kapitalismus in dieser hinsicht bis dato in gewisserweise eine singularität. er ist die erste form der vergesellschaftung, in welcher herrschaft auf formaler und nicht personaler ebene abläuft.

    zudem bin ich überhaupt nicht der meinung, es gäbe nur die von dir sikzzierten möglichkeiten des zusammenlebens (entweder freiheit oder sicherheit). siehe dazu z.b.:

    http://www.streifzuege.org/2009/vom-schoepfen

    diese monopolisierungtheorie geht aus der marxschen analyse meiner meinung nach gar nicht hervor. es ist zwar richtig, dass das einzelkapital nach einem monopol strebt, ein absolutes kann jedoch nicht erreicht werden. zu labil und krisenanfällige ist die gesamte dynamik des systems, alls dass es dazu kommen könnte.

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