Wenn eine Antwort zwar folgerichtig und schlüssig, aber dennoch nicht ganz richtig ist, so liegt der Fehler meist im Detail: Es ist die Art, wie die Frage gestellt wird, die möglichen Antworten vorgibt und zu überdenken ist (ein Beispiel: der Proporz ist aus einer bestimmten Situation heraus notwendig gewesen; es stellt sich aber die Frage, wie wir dorthin gekommen sind).
In der Diskussion um das Bettelverbot will die Brennerbasisdemokratie die "Bedenken der Bevölkerung" ernst nehmen und spricht sich für ein "Bettler-Gütesiegel" in Form etwa eines Zeitungsprojektes aus. Damit soll sicher gestellt werden, "dass das Geld bei den Bedürftigen auch wirklich ankommt" und nicht missbräuchlich verwendet wird. Ich möchte gleichfalls diese Bedenken ernst nehmen und bekräftigen: Ja, die Zweifel sind vollkommen berechtigt.
Das hat aber weniger mit den Betroffenen und angeblichem Missbrauch zu tun, sondern liegt in der Sache selbst. Das Spenden geschieht meist nicht aus einem Akt der Solidarität heraus, sondern in paternalistischer Manier. Es soll den Spendenden ein gutes Gefühl geben, und sie von jeder weiteren Beschäftigung mit der sichtbaren Not freikaufen. Moderner Ablasshandel eben.
Vor allem aber verschleiern Praktiken wie Spendenwesen, Entwicklungshilfe-Politik und Fairtrade-Industrie systematisch die strukturellen Hierarchien zwischen oben und unten, Nord und Süd. Sie machen ökonomische und politische Probleme von globalem Rang zu einer Frage der individuellen Moral und lindern nur notdürftig die Symptome, damit alles weiter gehen kann, wie bisher.
Meist wird davon ausgegangen, dass es immer Armut und Not geben muss - die Linderung wird den Einzelnen überlassen, oder an den Staat delegiert. Aber haben nicht etwa alle ein natürliches Recht auf Leben und soziale Teilhabe, wie dies die Grundeinkommens-Bewegung fordert? Wäre ein solches nicht viel wirksamer bei der Bekämpfung von Betteln und Armut, als das Spendenwesen, das die Menschen in Abhängigkeit hält?
Um eines klar zu stellen: Ich bin für spenden und Fairtrade im Rahmen der eigenen finanziellen Möglichkeiten, ebenso wie ich für Zeitungsprojekte wie den "20er" in Innsbruck bin. Dieses etwa ist ein Projekt, das auf Selbstermächtigung und Selbstorganisation aufbaut, und daher über ihren ökonomischen Nutzen für die Mitarbeitenden hinaus ein wertvolles Unterfangen. In diesem Sinne macht spenden durchaus Sinn, aber es reicht nicht. Mir es geht nicht so sehr um diese Tätigkeiten an sich, sondern um ihre ideologische Funktionsweise. Wenn sich etwas ändern soll, braucht es politische Interventionen, die die Probleme an der Wurzel packen. Radikal eben.
mercoledì 11 aprile 2012
Iscriviti a:
Commenti sul post (Atom)
Nessun commento:
Posta un commento