sabato 17 gennaio 2009

Landesüblich Anno 2009

Der Festumzug zum Tiroler Gedenkjahr wirft reizvolle Fragen auf: Was ist die Visitenkarte unseres Landes? Wer ist würdig und wer nicht, durch die Straßen von Innsbruck marschieren zu dürfen?
Beim Gedenkjahr 2009 sollen Geschichte, Gegenwart und Zukunft verbunden und dabei alle Bürger einbezogen werden.“ Dieses Versprechen von Landeshauptmann Luis Durnwalder im November vergangenen Jahres machte Hoffnung. Wenn „alle Bürger“ miteinbezogen werden, dann darf auch ich mich angesprochen fühlen. Dann dürfen sich nicht nur die Schützen auf den Landesfestumzug freuen, sondern auch die Studenten unserer Universitäten. Dann wird nicht nur Bruno Hosp um einen Beitrag gefragt, sondern sicher auch Hans Heiss. Dann werden vor oder hinter der rosengeschmückten Dornenkrone die Gewerkschafter, die Arbeiter der Industriezonen, ja vielleicht sogar eine Delegation der Tiroler Schwulen und Lesben mitmarschieren.
Es war der ÖVP-Politiker und Schütze Andreas Khol, der in seiner neuen Funktion als oberster Wächter der gesamttiroler Festivitäten die Tür zuknallte, die Durnwalder mit seinem Versprechen zumindest einen Spalt breit geöffnet hatte: Der Festumzug soll – so wörtlich – „ein Bekenntnis zu den Grundwerten, die Tirol stark gemacht haben, sein“. Mit Verlaub: Was sind die Grundwerte, die Tirol stark gemacht haben? Was waren die Grundwerte eines Andreas Hofers und seiner Getreuen? Was sind heute unsere Grundwerte? In der Präambel zum „Kunstwettbewerb“, bei dem das Symbol ermittelt wurde, welches beim Festumzug mitgeschleppt werden soll, lese ich: „Die Autonomie geht von einer klaren Trennung der Volksgruppen aus. In dem Maße aber, in dem diese Trennung langsam abgebaut wird, verliert die Autonomie ihre Schutzwirkung. Sie kann daher keine endgültige Lösung sein.“ Was bitte sehr ist „die endgültige Lösung“, also die Endlösung für unser Land? Wer will denn eine solche?
Es ist bekannt, dass einige kleine Parteien und die Schützen die Selbstbestimmung einfordern. Es ist bekannt, welche „Grundwerte“ diese Gruppen und auch Leute wie Andreas Khol vertreten – und welche anderen Werte sie hingegen als Gefahr für Land und Leute bezeichnen. Es ist völlig legitim, wenn sie so denken und sich entsprechend ins Zeug legen. Nicht nachvollziehen kann ich, wenn die Landesregierungen, die die gesamte Bevölkerung zu vertreten haben, Khol & Co. das Feld überlassen. Ich weiß die Schützen zu schätzen, aber ich fühle mich von ihnen in keinster Weise vertreten. Ich kann weder mit ihrem Weltbild etwas anfangen noch mit ihrem martialischen Auftreten – und ich denke, es gibt sehr viele Menschen in Süd- und Nordtirol, denen es ähnlich ergeht wie mir. Der Rektor der Universität Bozen Walter Lorenz sieht in der Mehrsprachigkeit unseres Landes seine Stärke; die SMG erkennt in diesem „atypischen und multikulturellen Territorium“ das kulturelle Kapital. Das moderne, junge, selbstbewusste, heimatverbundene, aber auch weltoffene Südtirol ist längst Realität. Sogar in der SVP denken mutige Exponenten darüber nach, wie man aus der ethnischen eine territoriale Partei machen könnte, die der neuen Realität besser gerecht wird.
Das Tirol Anno 2009 ist grundverschieden vom Tirol 1809. Gott seis gedankt. Selbstverständlich haben Khol und seine Schützen das Recht, durch Innsbruck zu marschieren. Selbstverständlich sollte aber auch sein, alle anderen Bürger einzuladen. Wenn ein „Landesfestumzug“ nur einen Teil des Landes umfasst, verdient er diesen Namen nicht. Selbst noch so viele Rosen werden es nicht schaffen, die Peinlichkeit der Dornenkrone zu verbergen.
Quelle: www.ff-online.com
Bildquelle: www.raetia.com

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