Mit etwas Distanz ist der Blick klarer und das Urteil schärfer, dies gilt auch für die Demonstrationen vom 5. März in Bozen. Das Ergebnis ist dennoch eindeutig: CasaPound hat es nicht geschafft, den lokalen Unmut zu kanalisieren und ist trotz der großen Show kläglich gescheitert. Auf der anderen Seite stehen die Erfahrungen gemeinschaftlicher politischer Praxis verschiedener antifaschistischer und progressiver Kräfte, die Zukunftspotential hat.
Der Unmut unter den italienischen BewohnerInnen Südtirols, die sich bei der Diskussion um die faschistischen Relikte aufs Neue übergangen fühlen, ist verständlich. Die Klientelpolitik der SVP, die mit einem Rechtsruck verloren gegangene Stimmen zurückholen will, zeigt auch die Zerbrechlichkeit des ethnischen Friedens.
CasaPound Bolzano im Gespann mit dem alternden Nationalisten Donato Seppi war angetreten, um diesem Unmut eine Stimme zu geben und sich als Sprachrohr der italienischen Sprachgruppe zu profilieren. Die Befürchtungen, sie könnten mit dieser Thematik ihre Popularität weit über die subkulturelle rechtsextreme Szene in Bozen hinaus steigern und mitte-rechts stehende BoznerInnen für sich gewinnen, waren berechtigt.
Mehr als viel Rauch und laute Töne hat es dann aber doch nicht gegeben. Zwar konnten sie italienweit rund 1500 FaschistInnen mobilisieren und auch Gründer und Kopf der Bewegung Iannone war anwesend, dennoch wirkte der groß inszenierte Aufmarsch mangels Beteiligung aus der Bozner Bevölkerung schlichtweg befremdend. Was als organisierter Aufschrei der ItalienerInnen Südtirols geplant war, wurde zu einer selbstverliebten Show, eine o815-Inszenierung mit viel Tamtam und wenig Inhalt.
Dass die politischen Ziele der CasaPound-Demonstration nicht erreicht wurden, ist einzig der breiten antifaschistischen Mobilisierung im Vorfeld zu verdanken. Weder konnten die Faschisten unkommentiert ihre Ideologie verbreiten, noch die Thematik besetzen. Die Gegendemonstration war zwar um zwei Drittel kleiner, jedoch war sie vielfältig, lokal verankert und authentisch. Dass sich auch die antifaschistischen und progressiven Kräfte Südtirols, die sich hinter die von Partisanenvereinigung, Schülerbewegung und Antifa Meran organisierten Demostration stellten, dieses Themas annahmen und ihre Sichtweise klar zum Ausdruck brachten, hat den Diskurs über die faschistischen Relikte verschoben und den Nationalitätenkonflikt in den Vordergrund gestellt, der der Problematik zugrunde liegt.
Für Südtirol war dies ein wichtiger Augenblick, und die guten Erfahrungen gemeinsamer Praxis lassen auf weitere Zusammenarbeit hoffen. Denn nur vereint kann es gelingen, die nationalistischen Fronten aufzubrechen und dem tief in der Gesellschaft verankerten Rassismus entgegenzutreten.